Rechenwalzen und -zylinder

... sind walzenförmige bzw. zylindrische Rechenschieber. Durch die Anbringung der Skala auf eine Walze bzw. einen Zylinder ließen sich halbwegs kompakt Skalenlängen von 1 m bis rund 25 m realisieren. Die Ablesegenauigkeit stieg entsprechend bis auf 5 oder gar 6 Ziffern. Die großen Rechenwalzen wurden seinerzeit häufig in Banken zur Zinsberechnung bzw. Währungsumrechung eingesetzt.

Siehe auch logarithm. Rechentafeln.

 

Es gab Rechenzylinder, bei denen die Skala spiralförmig aufgetragen war (z.B. Fuller, Lafay und Otis King, s.u.), oder Rechenwalzen mit bis zu 80 parallelen Skalenabschnitten: deren Hersteller waren besonders Billeter, Daemen-Schmidt/Loga, National, Nestler, Thacher und Tröger (Bspe. s.u.).

 

Berühmt und heute noch relativ häufig anzutreffen sind die Modelle von Fuller (ab 1878), Thacher (ab 1881), Daemen-Schmid/Loga (ab 1889) und Otis King (ab 1921).

 

Bereits Leibniz hatte 1712 eine Idee für einen Rechenschieber mit zylindrischer Schraubenlinie, der auch im Buch von Leupold (1727) vorgestellt wird (siehe auch HNF-Blog vom 21.09.2021). Weitere frühe zylindrische Rechenschieber sollen von Hoyau (1816), McFarlane (1842) und Amadée Mannheim (1854) stammen.

 

Links: "Rechenwalzen, die Rechenschieber mit den langen Skalen" von Heinz Joss, Dällikon/Schweiz, 2000 (ausführliche Übersicht, sehr zu empfehlen);

Long-Scale Slide Rules Revisited von Edwin J. Chamberlain, 2004;

Anleitung Loga-Rechenwalze 10m

 

Fuller Calculator - 12,7m

Bilder folgen

 

hergestellt von W. F. Stanley & Co. Ltd., New Eltham, London

patentiert am 02.09.1879 in den USA

produziert von 1878 bis in die 1950er

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In Holzbox, mit Metallhalterung zur Schrägaufstellung.

Aus der Anleitung (s. Link): Der Rechner besteht prinzipiell aus einem Zylinder, etwa 6 Zoll hoch mit 3 Zoll Durchmesser, auf den die 500 Zoll (12,7 m) lange logarithmische Rechenskala spiralförmig mit 7250 Teilungen aufgebracht ist. Dieser gleitet drehbar auf einem inneren Zylinder, welcher mit einem Griff gehalten wird. Die Einstellungen werden vorgenommen und die Rechnungen ausgeführt durch Verwendung der metallenen Läufer. Er bietet eine Genauigkeit von 1 in 10000.

Link: Anleitung (dt.); Kurzbeschreibung in Dinglers Polyt. Journal 1879

Lafay - Helice à Calcul (No 2)

hergestellt von Jean-Antoine Lafay, Saint-Chamond, F

3 Patente aus 1930-32: FR695989, FR39372E, FR736674

produziert 1930er bis ca. 1960

Zylindermaße: Länge 20,2 cm, Durchmesser 4,3 cm; in Hartpappe-Box;
49 gr. (ohne Box)

spiralförmige logarithmische Rechenskala mit 2,5 m Skalenlänge (50 Windungen)

Es gab auch das kleine Modell 1 mit den Maßen 10x3,5 cm und 85 cm Skalenlänge und Modell 2bis mit gleichen Maßen wie Modell 2, aber doppeltem Skalenabstand bzw. halber Skalenlänge.

Links: ausführliche Beschreibung von N. Zeldes;
weitere Rechenhilfen von Lafay

Loga-Rechenwalzen - 1,2 bis 24m

Heinrich Daemen-Schmid produzierte schon ab 1889 Rechenwalzen, die ab 1903 auch mit Loga bezeichnet wurden, ab 1915 nur noch Loga, ohne Daemen-Schmid. Es wurden Rechenwalzen von 1,2 bis 24 m Skalenlänge bzw. 17,5 bis 68,5 cm Walzenlänge hergestellt (s.u.), wobei die 1,2m-Walzen sehr, die 24m-Walzen extrem selten sind.

Einige seiner schweizer Patente zu Rechenwalzen: CH45516 (1908), CH59697 (1912), CH70303 (1914), CH75358 (1917), CH84469 (1920), CH86695 (1920), CH93322 (1922), CH100740 (1923), CH106811 (1924), CH115150 (1926), CH129926 (1929).

Produktion: 1889-1903 in Zürich, 1903-1915 in Zürich-Oerlikon, 1915-1979 in Uster.

Preise 1932: 100-800 SFr; 1947: 100-740 SFr

Ab 1910-20 auch Herstellung von Rechenschiebern, ab 1935 auch von Rechenscheiben.

Literatur: De LOGA Calculators, von N.E. Smallenberg, 2004

IllOrgaHB S.249ff

Link: Loga-Rechenwalzen Modellverzeichnis und Preisliste; dito von 1921

Loga Calculator 2,4m

hergestellt von Loga, Uster bei Zürich, Schweiz

produziert um 19xx? (mit Hinweis auf Daemen-Schmid-Patente)

Seriennummer 2,4/1837

Walzenmaße: Länge 32 cm, Durchmesser 6,4 cm

20 Skalen mit je 24 cm Länge; insg. 2,4 m Skalenlänge

Maße inkl. Metallgestell: 33,5x8,2x9,5 cm; 0,96 kg 

Loga Daemen-Schmid 10m

hergestellt von Hrch. Daemen-Schmid, Zürich-Oerlikon, Schweiz

produziert zw. 1903 und 1915; Seriennummer 7002

Walzenmaße: Länge 47 cm, Durchmesser 15,8 cm

50 Skalen mit je 41 cm Länge; insg. 10 m Skalenlänge

Maße inkl. Haube: 58x21,7x22 cm; 3,89 kg (ohne Haube) 

Auf Holzsockel mit Papphaube.

Loga Calculator 15m

hergestellt von Loga, Uster bei Zürich, Schweiz

produziert wohl nach 1950; Seriennummer 155613

Walzenmaße: Länge 60 cm, Durchmesser 15,8 cm

60 Skalen mit je 50 cm Länge; insg. 15 m Skalenlänge

Maße inkl. Sockel: 64x20,5x23 cm; 3,83 kg (ohne Haube) 

Auf Metallgestell mit Plastikhaube.

Loga Puder und Schwamm

hergestellt von/für Daemen-Schmid & Co., Zürich, Schweiz

Æ 4,2 cm; H 5,6 cm; 25 gr. (inkl. Inhalt)

So eine Rechenwalze will auch gepflegt sein, und das sogar wöchentlich! Auf der Loga-Modell- und Preisliste (s.o., dort letzte Seite 1 Dose Talcum) habe ich diese Position zwar schon entdeckt, aber gesehen hatte ich so etwas bisher noch nie:

Dose mit Puder (das fluffige etwas in Abb. 2 ist Watte (wozu? s.u.); darunter befindet sich das Puder) und Schwamm (Abb. 4) zur Pflege und Reinigung der Rechenwalze "Loga". Beschriftet ist die Dose mit folgenden Pflegehinweisen:

Walzenmantel jede Woche einmal mittels Watte und Puder (Talkum) gehörig einreiben. Zeigen sich auf der Walze Schmutzflecken, verfahre man wie folgt: Cylinder nach links hochstellen, Schieber abziehen und Walze mit mässig feuchtem (nicht tropfenden) Schwamm kalt abwaschen, mit sauberem, weichem Lappen wedelnd trocknen und dann einpudern. Polster des Schiebers ausbürsten und denselben wieder aufstecken. (Schwamm nur trocken in die Büchse zurücklegen). Auf ähnliche Weise wird der Schieber gewaschen und getrocknet.

Nestler Rechenwalzen - 1,6 bis 12,5 m

Die Albert Nestler A.-G. ist sehr bekannt als Hersteller von Rechenschiebern.
Rechenwalzen stellte sie von 1922-1937 (Quelle) anfangs in den Größen 1,6 m und 12,5 m her (in einem Prospekt mit Modell-Nrn. 44 und 45 bezeichnet), später auch 3,75 m.

In dem o.g. Prospekt werden die Nestler-Rechenwalzen beworben mit Die Rechenkunst im Geiste der Zeit! Die Stenographie des Rechnens!

Nestler Rechenwalze - 1,6 m

hergestellt von Albert Nestler A.-G., Lahr i.B.

produziert 1922-1937  

Walzenmaße: Länge 25,5 cm, Durchmesser 5,3 cm

16 Skalen mit je 20 cm Länge; insg. 1,6 m Skalenlänge

Maße inkl. Sockel: 31x7,7x9 cm; x kg (ohne Haube)

Auf Holzgestell mit Haube. Walze per Klemmverschluss (in Bild 3 geöffnet) gesichert bzw. entnehmbar.

Nestler Rechenwalze - 3,75m

hergestellt von Albert Nestler A.-G., Lahr i.B.

produziert ab 1923-1937 (Nestler hat sich das hier eingebaute Gleitlager 1923 patentieren lassen - siehe Foto 5)

Walzenmaße: Länge 33,5 cm, Durchmesser 9,0 cm

30 Skalen mit je 25 cm Länge; insg. 3,75 m Skalenlänge

Maße inkl. Sockel: 35,5x11,5x14 cm; 1,45 kg 

Auf Metallgestell. 

Otis King's Pocket Calculator - Modell K - 1,7m

hergestellt von Carbic Limited, London, England

produziert von 1921 - 1972 und Nachbau 1999

Länge 15,2 cm (ausgezogen 25,8 cm), Durchmesser 3 cm; 214 gr.

Seriennummer Y6335, Baujahr ca. 1968

Skala spiralförmig "aufgewickelt" (wie beim Fuller Calculator, s.o.), dadurch im Vgl. zu ähnlich dimensionierten Rechenschiebern die sehr große Skalenlänge von 1,7 m. In Lederköcher.

Dieses Standard-Modell K mit den Skalen No. 414/423 dient nur zum Multiplizieren/Dividieren.

Link: Dick Lyon's Website zu Otis King mit sehr vielen Infos und Anleitung

Thatchers Calculating Instrument - 9 m

hergestellt von Keuffel & Esser Co., New York, USA

Patentiert von Edwin Thatcher am 01.11.1881

K&E Produktnummer 4011, Seriennummer 4464

Walzenmaße: Länge 50 cm, Durchmesser 10 cm (metrisch!)

40 Skalen mit je 45,6 cm Länge; insg. 9 m Skalenlänge

Maße inkl. Sockel: 57x14,3x14,5 cm; 2,97 kg

Auf Holzsockel mit aufgeklebter Anleitung.

Anders als bei den großen Rechenwalzen wie LOGA (s.o.) sind die äußeren Skalen fest (dreieckig) und die Walze lässt sich drehen und verschieben.

Bei vielen Exemplaren und auch bei diesem wurde der Name Thatcher auf der auf dem Sockel angebrachten Anleitung falsch Thacher geschrieben (nicht im Bild).

Wer sich keinen der seltenen und teuren Thatchers Calculating Instruments - zumal Skalen häufig schlecht lesbar - leisten möchte, kann sich einen selber bauen.

Tröger Rechenwalze Nr. 3 - 11 m

hergestellt von K.Emil Tröger, anfangs Reichenbach, später Mylau im Vogtland

Walzenmaße: Länge 39 cm; Durchmesser 11,5 cm

64 Skalen mit je 34,5 cm Länge; insg. 11 m Skalenlänge

Maße inkl. Sockel: 47x12x16 cm; 1,28 kg

produziert ab ca. 1915* bis 1960er (Prospekte mit Preisangaben 72 DM, 80 DM o. 75,50 MDN - diese Abk. wurde in der DDR 1964-67 verwendet).

*das angegebene D.R.G.M. 639849 mit dem Titel Rechenwalze stammt vom 13.11.1915, es gibt ein weiteres mit Nr. 639848 mit dem selben Titel und Datum, möglicherweise für die kleinere Variante (s.u.).

Vergleichweise einfache Konstruktion: auf Holzwalze geklebtes Papier mit Holzgestell ohne besondere Lagerung.

Im Gegensatz zu den sehr häufig anzutreffenden Rechenscheiben von K.Emil Tröger (Modelle 1 und 2) sind dessen Rechenwalzen sehr selten. 

Es gab auch noch eine kleine Tröger-Rechenwalze Nr. 4 mit 1,5 m Skalenlänge und 24 cm langem Zylinder mit 4 cm Durchmesser.