Pythagoräische Rechengeräte

Mit pythagoräischen Rechengeräten kann mit Hilfe des pythagoräischen Lehrsatzes die dritte Seite im rechtwinkligen Dreieck berechnet werden - wichtig für Vermesser/Geodäten.

 

Sammlerkollege Reinhard Atzbach hat sich der Pythagoras-Rechenscheiben näher angenommen und diese wie folgt beschrieben: 

Sie ermöglicht zusätzlich zum logarithmischen Multiplizieren und Dividieren über zwei spiralförmige Skalen die Berechnung der dritten Seite im rechtwinkligen Dreieck mit immerhin dreistelliger Genauigkeit. Die Arbeitsweise bei den beiden pythagoräischen Skalen ist ähnlich wie beim Rechenstab mit zwei Skalen. Nehmen wir z.B. das rechtwinklige Dreieck mit den Seitenlängen 30, 40 und 50: Man stellt die 30 auf der inneren Skala gegenüber der 0 der äußeren Skala. Dann geht man zur 40 auf der äußeren Skala und liest ihr gegenüber auf der inneren Skala die Hypotenusenlänge 50 ab (30²+40²=50²). Kathetenberechnung funktioniert umgekehrt. 

Von Reinhard Atzbach stammt auch die sehr anschauliche online-Animation der Rechenscheibe von Gampert (s.u.).

 

Mitte der 1920er erschien der Seifert'scher Landmesser-Rechenschieber "Py-Lo". Die Rechenschieber nach dem System Darmstadt (ab 1934) hatten dann ebenfalls eine pythagoräische Skala: P = √(1-x^2).
Auch wurde eine Loga-Rechenwalze Modell P mit einer solchen Skala angeboten.

 

Pythagoras- und Rechen-Scheibe Gampert

hergestellt/konstruiert von Bayer. Landesvermessungsamt* - Dipl.Ing. K. Gampert

hergestellt nach 1915, da das Bayer. Landesvermessungsamt erst dann gegründet bzw. so benannt (aber wohl auch nicht viel später als 1920er)

25x25 cm; 270 gr.

Papprechenscheibe auf Holzbrett

Sowohl außen auf dem festen Bereich als auch innen auf der drehbaren Scheibe spiralförmige Skala, außen etwa 1,75 m lang, innen 2,65 m! Dadurch sehr hohe Ablesegenauigkeit (vgl. Präzisionsrechenscheibe von Roether, s.u.).

Ich habe nichts zu dieser Rechenhilfe ergoogeln können.

Dr. Grünert's Pythagoras-Rechentafel

Rechentafel aus Metall, beklebt mit Skala, sowie kleinere Folie als Schieber, zur Berechnung von c = Wurzel aus (a²+b²), allgemein bekannt als Pythagoras-Formel. In Schutzhülle mit Anleitung.

hergestellt von Zeichen- und Meßgerätefabrik Carl Weiland, Liebenwerda

29,3x20 cm (Tafel) und 15,2x9,3 cm (Schieber-Folie); 447 gr. mit, 340 gr. ohne Schutzhülle; Preis: 4,50 ohne, 5,50 mit "Futteral"

produziert um 1910

24 Skalen à 26,5 cm, d.h. 6,36 m Skalenlänge!

Mit ihrer Hilfe konnten Vermessungsbeamte unterwegs schnell und einfach die Kathete oder Hypothenuse eines rechtwinkligen Dreiecks bestimmen. Dr. Grünert hat für die "outdoor"-Anwendung an alles gedacht: passt in die Feldmappe, wetterfest dank Lackierung etc.

Dr. Artur Grünert (*1882) hat 1914 das Buch "Tafeln zur Berechnung der Koordinaten von Polygon- und Kleinpunkten" herausgegeben und 1907 über die "Berechnung der Höhe aus den 3 Seiten eines Dreiecks" einen Beitrag in der Zeitschrift für Vermessungswesen geschrieben. Seine Arbeiten befassten sich ansonsten primär mit der Landwirtschaft.

Die Fa. Zeichen- und Meßgerätefabrik Carl Weiland hatte 1910 rund 200 Mitarbeiter. Carl Weiland war außerdem Königliche Kommissionsrat und Bauunternehmer. In Liebenwerda war auch die Fa. Reiss ansässig.

 

Es gibt eine weitere Dr. Grünert's Pythagoras-Tafel, "nachbearbeitet und herausgegeben von Friedrich Herrmann in Schleswig", die bspw. in der Österr. Zeitschrift für Vermessungswesen Nr. 9 / 1933 beschrieben wurde. Da mit "D&P" versehen, wohl von Dennert und Pape in den 1930ern hergestellt.

Auf Blech aufgezogene dünne Pappe, 30,5x24 cm, in halbtransparenter Hülle (Original?).

Roether Rechenscheibe

konstruiert vom Geometer Donatus Roether, vertrieben von Optische Anstalt Edmund Biow, beide Würzburg; dieses Expl. hergestellt von Schleicher&Schüll, Düren (bekannt als Druckerei für Banknoten, gegründet 1852)

konstruiert für den Eigengebrauch 1883, hergestellt/verkauft ab 1899 Gebrauchsmuster (s. Abb.7-9): DRGM 137583 und 137584 vom 17.04.1900 und DRGM 297600 von 17.12.1906, Anfang der 1920er von Anton Bayr neu aufgelegt (DRGM 793344 vom 10.08.1921)

dieses Expl. produziert um 1906 (noch 1. Auflage ohne Änderungen gemäß DRGM 297600 von Ende 1906, aber mit Anleitung von Ende 1906)

Scheiben-Durchmesser: 11 cm; Skalenlänge 34,5 cm

Etui: 14,1x15,1x1,3 cm

Rechenscheibe fest in stabilem Klappetui integriert; mit 8-seitigem Sonderabdruck aus Nr. 4/1906 der Zeitschrift des Bayr. Geometervereins als Anleitung.

Es gab neben dieser "Taschenscheibe" für "den Feldgebrauch" drei weitere Varianten/Größen: "Präzisionsrechenscheibe" d=22 cm (Skalenlänge 2,3 m), "Scheibe für den Hausgebrauch / Bureauscheibe" d=18 cm und eine "Westentaschenscheibe" im "Taschenformat für gelegentliche Berechnungen" d=7 cm.

Sammlerkollege Reinhard Atzbach hat sehr viele Informationen zu Roether, seiner Rechenscheibe und deren Anwendung zusammengetragen (siehe Link+Lit.).

Link: sehr ausführliche Informationen zu Roether und seiner Rechenscheibe

Lit.: "Die Rechenscheibe von Röther" von R. Atzbach in HBw 118, 12.2019